Fake oder Fakten: Chloroquin, ein Allheilmittel?

Ist Chloroquin (Hydroxychloroquin – Handelsname Resochin), das Allheilmittel, auf das die Menschheit gewartet hat? Nachdem Donald Trump und Emmanuel Macron darüber positiv berichtet haben, ist die Nachfrage weltweit gestiegen. Hält es, was es verspricht oder sollten wir besonnen bleiben und die Entwicklung mit Argusaugen beobachten?

Nach Ansicht des US-Präsidenten sei es „gut möglich“, dass das Malaria-Medikament als Schutz gegen Covid-19 wirke. Außerdem würden viele Militärangehörige es schon seit Jahren täglich einnehmen. Ist es doch ein Wundermittel?

Update:

Wir wurden darauf aufmerksam gemacht das Chloroquin und Hydroxychloroquin chemisch ähnlich sind, aber eben nicht gleich. Dennoch geht es in Wikipedia was die Anwendungsgebiete und Nebenwirkungen angeht kunterbunt durcheinander zu. Wer kann das aufklären?

Dr. Wolfgang Wodarg sagt: Hydroxychloroquin bei positivem SARS-CoV-2 Test ist lebensgefährlich für Menschen mit G6PD-Mangel.

Hydroxychloroquin (HCQ) ist ein altes Malariamittel. Schwere kardiale und ophthalmologische Nebenwirkungen sind bekannt. HCQ ist nicht für Covid-19 zugelassen. Es wurde aber in Italien und wird weiterhin in vielen Ländern im Rahmen eines „compassionate use“ eingesetzt. Seit aus Wuhan nicht nur der Virusalarm, sondern auch gleich die Botschaft über einen möglichen Nutzen von HCQ bei seiner Bekämpfung verbreitet wurden, hat es viele schlechte Studien hierzu gegeben. Weitere etwa 140 Studien mit Nutzung von HCQ sollen inzwischen registriert sein.

HCQ wurde sogar bei völlig gesunden Menschen „zur Prävention schwerer Verläufe“ und prophylaktisch für medizinisches Personal eingesetzt. Die empfohlene Dosis ist etwa 20-mal so hoch wie bei der Malariaprophylaxe (400-800mg pro Tag). Ein intensiverer Einsatz und sogar neue Produktionsanlagen (z.B. in Kamerun und Indien) für HCQ werden derzeit hochgefahren. All dies geschieht ohne ausreichende Beweise für einen positiven klinischen Effekt von HCQ bei SARS-CoV-2-Positiven, ganz zu schweigen bei Testnegativen.

HCQ wurde jedoch vor langer Zeit als eines der Medikamente identifiziert, die bei Menschen mit erblichem Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G6PD) schwere Schäden z.B. an Erythrozyten verursachen. Als Effekt der HCQ-Anwendung bei G6DP-Mangel sieht man nach 1-2 Tagen eine starke Hämolyse. Die Erythrozytentrümmer verursachen Mikroembolien und schädigen empfindliche Organe wie Nieren und Gehirn. Zudem fehlen dann Erythrozyten als Sauerstoffträger. 1-2 Tage nach Beginn einer solchen Behandlung entwickelt sich ein sehr schweres Krankheitsbild mit Schwäche, Schwindel, Atemnot und Anzeichen von Organschäden. Dies kann mit dem Tod enden, wenn die toxische Medikation nicht sofort abgesetzt wird.
Wird das Medikament abgesetzt, bessert sich die Atemnot spontan dank einer raschen Normalisierung des Blutbildes. Wichtig bleibt vor allem die Kontrolle der Nierenfunktion.

HCQ-Medikation könnte ein Grund für die Fälle sein, in denen – wie in den USA – schwere Kurzatmigkeit ohne typische Anzeichen einer Lungenentzündung vielfach beobachtet wurde. Hatten Patienten kurz zuvor HCQ erhalten? Afroamerikaner stellen in den USA 6 Prozent der Bevölkerung, aber fast 40 Prozent der Covid-19-Todesfälle (5). Hat sich jemand darum gekümmert, ob die Patienten einen G6PD-Mangel haben könnte? Darüber wird nicht diskutiert. Diese Möglichkeit wird auch in den Studien nicht einmal erwogen. Die italienischen und australischen Gesundheitsdienste haben jetzt endlich vor HCQ -Anwendung bei G6PD-Mangel gewarnt.

Kaum jemand scheint sich bewusst zu sein, dass z.B. in Afrika südlich der Sahara ein erblich bedingter G6PD-Mangel weit verbreitet ist (20-30% der Bevölkerung). Aber auch in anderen Ländern, in denen Malaria endemisch war oder immer noch ist, gibt es eine hohe Prävalenz von G6PD-Mangel. Auch in Familien mit Migrationshintergrund, z.B. in Chicago, New York und anderswo, muss an G6PD-Mangel gedacht werden. In diesen Populationen kann, ausgelöst durch ohnehin fragwürdige SARS-CoV-2 Testergebnisse, allein die Behandlung oder Prävention mit gefährlichen Medikamenten wie HCQ viele Menschen töten. Ich erinnere an diese Zusammenhänge, da in vielen der neuen HCQ-Studien Probanden mit diesem Enzymmangel nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Keine Interessenkonflikte
23. April 2020
Dr. Wolfgang Wodarg
Innere Medizin-Pneumologie, Hygiene und Umweltmedizin
am Donnerstag, 23. April 2020, 14:37
Webseite: https://www.wodarg.com/

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